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Ausschluss der Steuerbefreiung einer ausländischen Stiftung gemeinschaftsrechtswidrig

Es widerspricht der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 73b i.V.m. Art. 73d EG-Vertrag), wenn ein Mitgliedstaat die inländischen Vermietungseinkünfte einer inländischen unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftung von der KSt befreit, während er diese Befreiung einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, verweigert, weil diese im Inland nur beschränkt steuerpflichtig ist. (EuGH, Urteil v. 14.09.2006 - C-386/04)

Problematik:

Eine gemeinnützige Stiftung italienischen Rechts vermietete ein Geschäftsgrundstück in Deutschland. Die Stiftung hatte weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung im Inland. Aufgrund des Wortlauts der §§ 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 9, 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG nahmen sowohl das FA als auch das FG München eine beschränkte Steuerpflicht der Vermietungseinkünfte an. Der BFH stellte an den EuGH die Vorabentscheidungsfrage, ob einer ausländischen Stiftung, die weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung im Inland hat, die Steuerbefreiung trotz ihrer Gemeinnützigkeit versagt werden dürfe.

Entscheidung:

Der EuGH sieht die Besteuerung der Vermietungseinkünfte als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht an. Die Regelungen im KStG stellen eine verbotene Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dar.

Diese Beschränkung ist auch nicht gerechtfertigt. Insbesondere dem Argument der Finanzverwaltung, dass die notwendige Überprüfung des Gemeinnützigkeitsstatus mangels Sitz und Geschäftsleitung im Inland nicht möglich sei, kann nicht gefolgt werden. Das FA hat die Möglichkeit, sowohl von der ausländischen Stiftung selber als auch von den ausländischen Finanzbehörden diejenigen Unterlagen anzufordern, die es für eine Überprüfung des Gemeinnützigkeitsstatus nach den inländischen Regelungen benötigt. Auch die von der Finanzverwaltung vorgebrachten Bedenken, dass die Kohärenz der Steuerregelung nicht gewährleistet sei, wenn eine Stiftung in Deutschland von der Steuerpflicht befreit werde, ihre Mittel aber nicht zugunsten des deutschen Gemeinwohls verwendete, greifen nicht durch. Weder setzt der § 52 AO nach den Angaben des vorlegenden Gerichts (BFH) voraus, dass die Fördermaßnahmen der inländischen Allgemeinheit zugutekommen, noch kann bei reinen Inlandsfällen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Förderung (der Steuerbefreiung) und den Belastungen (den Mittelverwendungen) erkannt werden.

Beratungskonsequenzen

  1. Unmittelbare Relevanz hat das Urteil zunächst für gemeinnützige Körperschaften, die im EU-Ausland aufgrund nationaler Vorschriften von einer Steuerbefreiung ausgeschlossen wurden.

  2. Mittelbar eröffnet sich mithilfe der Anknüpfung des § 10b Abs. 1 EStG an den § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zudem die Möglichkeit, von den FA die Anerkennung von Spendenquittungen zu verlangen, die aus dem EU-Ausland stammen. Sofern diese Praxis von den Finanzbehörden akzeptiert wird, können in Deutschland lebende EU-Ausländer zukünftig auch Spenden an gemeinnützige Einrichtungen in ihren Heimatländern in Deutschland zum Abzug bringen.

  3. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass das BMF möglicherweise seine Ansicht, dass nur die Förderung des deutschen Gemeinwohls begünstigt sei (BMF-Schreiben v. 20.09.2005, sj 0520 1257), trotz des EuGH-Urteils weiterhin vertreten wird. Auch kann im Hinblick auf die aktuellen Reformvorhaben im Gemeinnützigkeitsrecht (siehe z.B. das auf der Internetseite des BMF veröffentlichte Gutachten „Die abgabenrechtliche Privilegierung gemeinnütziger Zwecke auf dem Prüfstand" des Wissenschaftlichen Beirats v. 08.08.2006) nicht ausgeschlossen werden, dass die gewünschte Beschränkung auf das deutsche Gemeinwohl durch Gesetzesänderungen doch noch erreicht wird.

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